Wenn man ein abbruchreifes Haus kauft
Ein Architektenehepaar war auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück. Sie wollten Arbeiten und Wohnen mit großer Familie an einem geeigneten Ort vereinen. Schließlich fanden sie in einem kleinen Ort bei Bonn ein ihren Wünschen entsprechendes Eckgrundstück. Darauf standen ein Fachwerkhaus, für das eine Abrissgenehmigung vorlag, ein Rohbau sowie einige Schuppen. Schnell wurde man mit den Verkäufern handelseinig. Die staunten nicht schlecht, als die Architekten sich mit glänzenden Augen dem abbruchreifen Fachwerkhaus zuwandten. In zwei Jahren intensiver Arbeit wurde dieses Gebäude komplett abgebaut und Balken für Balken und Gefach für Gefach mit noch brauchbaren Original-, aber auch neuen Teilen wiederaufgebaut. Kleine Details wie ein offenes Gefach, in dem man das Flechtwerk und den Lehm sehen kann, und eine liebevolle Aufarbeitung nach Originalunterlagen machen das Fachwerkhaus zu einem kleinen Juwel. Der Rohbau wurde übrigens danach auch fertiggestellt und dient als Büro.
Fachwerkhäuser
Bereits 33 v. Chr. wurde das Fachwerk beschrieben. Es stammt wahrscheinlich von der Pfostenbauweise ab, die in der Frühgeschichte Verwendung fand. Von der Antike bis ins 19. Jahrhundert war in unseren Breitengraden das Fachwerk eine verbreitete Hausbau-Methode. Auch heute noch werden neue Gebäude in bestimmter Holzkonstruktion als Fachwerkhäuser bezeichnet, es sind aber im Grunde Fertighäuser in Holzskelettbauweise.
Beim Fachwerkhaus liegen die Balken auf einer Schwelle auf. Die Balken und Querverstrebungen werden zimmermannmäßig verbunden, hierbei wird darauf geachtet, dass die Verbindungen mit Holz erfolgen und nicht mit Metallen. Die Balken bestehen meist aus Eiche. Die entstehenden Fächer werden entweder mit Holzgeflecht und Lehm, mit Lehmwickeln oder mit Back-, Bruch- oder einen anderen Steinen ausgefüllt und dann verputzt.
Andere Gegend, anderes Fachwerk
Je nachdem, wo sie stehen, sehen Fachwerkhäuser anders aus. Das zeigt sich an Friesen, an verschieden angelegten Gefachen, an der Art, wie Verbindungen gemacht wurden, und vielen anderen baulichen Möglichkeiten. Es gibt viele Gründe für verschiedene Ausführungen. Und alle sind heute nicht mehr bekannt.
Viele Besitzer eines Fachwerkhauses sind stolz auf den mittlerweile jahrhundertelangen Hintergrund ihres Gebäudes und renovieren es liebevoll und möglichst originalgetreu. Hierbei werden dann auch Putz und Balken so aufeinander abgestimmt, dass ein harmonisches Ganzes entsteht und das Fachwerk gut sichtbar ist. Auch in Fachwerkhäusern kann eine Radonmessung durchgeführt werden. Sieht man sich die Fachwerkhäuser im Bergischen Land an und dann in der Oberpfalz, in Vorarlberg in Österreich oder der Normandie in Frankreich, wird man die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bauformen sehen.
Ende eines Fachwerkhauses
Mancher Erbe oder Neubesitzer eines Hauses, das mit möglichst Eternit-Verkleidung beplankt war, hat sich beim Entfernen der Verkleidung dann gewundert, dass er ein Fachwerkhaus sein Eigen nennt: Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 70er Jahre haben viele ihre Häuser verkleidet, um ihnen einen Anstrich von “neu” zu geben. Nicht jeder hat dann den Mut, wie das zu Beginn erwähnte Architektenpaar, ein Fachwerkhaus, das über einen langen Zeitraum nicht adäquat unterhalten wurde und in dessen Balken mittlerweile vielleicht sogar schon der Holzschwamm steckt, zu restaurieren. Das ist dann häufig das Ende eines Fachwerkhauses.
Manchmal hat so ein Haus aber Glück und wird von einem Freilichtmuseum aufgekauft, am alten Standort abgebaut und im Freilichtmuseum der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.